Wertanalyse: Kosten senken, Produkte verbessern, Innovationen fördern

Kostensenkungen und das gleichzeitige Anbieten von Produkten mit maximalem Kundennutzen sind seit jeher grundlegende Ziele von Unternehmen. In Zeiten eines globalen Wettbewerbs mit Rahmenbedingungen, die sich mit zunehmender Geschwindigkeit verändern, sind Aspekte wie Kostenoptimierung, Kundenzentrierung und Innovationskraft jedoch relevanter als je zuvor. Obwohl die Managementmethode der Wertanalyse bereits 1947 entstand, ist ihre Aktualität in diesem Kontext ungebrochen.

Anders als bei vielen betriebswirtschaftlichen Methoden handelt es sich bei der Wertanalyse um eine ganzheitliche Betrachtungsweise, die sowohl unternehmensinterne Einflüsse als auch Einflussfaktoren aus der Unternehmensumwelt berücksichtigt. Sie dient nicht nur der Kostensenkung und Ergebnisverbesserung, sondern ermöglicht auch das detaillierte Erkennen von Problemen. Die konsequente Beschäftigung mit einzelnen Funktionen von Produkten, Dienstleistungen oder Prozessen führt oftmals dazu, dass neuartige Lösungen und Innovationen entstehen. Gleichzeitig werden Komponenten eliminiert, die dem Kunden keinerlei Nutzen bringen. Vorteilhaft ist auch die Anwendung der Methode in der Praxis. Zielorientierung und ein fester Arbeitsplan sorgen hierbei für Struktur, Sicherheit und Disziplin. Zudem erlaubt die Wertanalyse den Einsatz unterschiedlichster Arbeitstechniken und Werkzeuge, wodurch sie flexibel an Ihre individuellen Aufgabenstellungen und Situationen anpassbar ist.

Auf dieser Seite erfahren Sie, wie auch Sie von der Anwendung der Wertanalyse profitieren können. Sie erhalten einen guten Überblick darüber, welche Ziele realisierbar sind, aus welchen Elementen die Methode besteht und welchem Ablauf sie folgt.

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Was ist eine Wertanalyse?

Bei der Wertanalyse handelt es sich um eine betriebswirtschaftliche Methode zur Kostenreduzierung und Problemlösung. Das übergeordnete Ziel ist es, alle Funktionen eines Produkts, einer Dienstleistung oder eines Prozesses zu identifizieren, die nicht zum Wert beitragen. Gleichzeitig soll die Funktionsfähigkeit des Wertanalyseobjekts erhalten bleiben oder idealerweise sogar verbessert werden. Die Anwendung der Methode beinhaltet eine systematische Analyse und Planung unter Einsatz bestimmter Arbeitstechniken. Oftmals wird hierfür ein Team aus Technikern und Kaufleuten zusammengestellt, um sowohl betriebswirtschaftliche als auch technische Gesichtspunkte berücksichtigen zu können. Im Endeffekt lassen sich Ergebnisverbesserungen und Einsparungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette erreichen.

Geschichtlich betrachtet entstand die Wertanalyse im Verlauf des Zweiten Weltkriegs. Seinerzeit war der Ingenieur Larry D. Miles bei General Electric beschäftigt. Es mangelte sowohl an Rohstoffen und Komponenten als auch an qualifiziertem Personal. Miles suchte also nach Lösungen und hatte in erster Linie das Ziel, die Kosten im Einkauf zu senken. Sein Projekt war von Erfolg gekrönt: Durch „Value Analysis“ gelang es ihm aber nicht nur, die Kosten zu reduzieren. Er konnte auch einige Produkte verbessern. Das Novum bestand darin, dass Miles den gewünschten Effekt nicht einfach damit erreichte, möglichst kostengünstig einzukaufen. Vielmehr ging es darum, die notwendigen Funktionen eines Produkts zum niedrigsten Preis zu realisieren. Zwischen diesen beiden Denkweisen besteht ein enormer Unterschied.

Wertanalyse was ist das

Welche Aussagen liefert die Wertanalyse?

Die Produktionskosten von Produkten werden zum großen Teil bereits während der Konzeption festgelegt. So steht in Industrieunternehmen sehr früh fest, welche Komponenten verbaut, welche Rohstoffe eingekauft und welche Anlagen genutzt werden. Auch die Produktvarianten sind zu diesem Zeitpunkt schon weitgehend definiert. Nachträgliche Eingriffe und Optimierungen sind daher naturgemäß schwierig. Dennoch ist es die Aufgabe der Wertanalyse, an dieser Stelle anzusetzen. Alternativ kann die Methode bereits in der Produktentwicklung angewandt werden. In diesem Fall spricht man auch von der sogenannten Wertgestaltung. Handelt es sich hingegen um bestehende Produkte, so ist die Rede von Wertverbesserung.

Folgende Fragen lassen sich dank der Wertanalyse beantworten:

  • Wo lassen sich Kosten senken?

  • Wo lassen sich Kosten von Beginn an vermeiden?

  • Wie kann ein Produkt/eine Leistung marktgerecht (günstiger) angeboten werden?

  • Welche Probleme bestehen bei dem Wertanalyseobjekt?

  • Welche Alternativen und Optimierungsmöglichkeiten gibt es im Produktionsprozess?

  • Wie lässt sich die Entwicklungszeit beschleunigen?

  • Wie lässt sich die Kundenzufriedenheit steigern?

  • Wie lassen sich Qualitätsverbesserungen realisieren?

  • Wie kann die Gesamtausrichtung des Unternehmens optimiert werden?

Welche Wertanalyse-Methoden werden wann und wo eingesetzt?

Wie eine Wertanalyse ablaufen muss, ist mit dem sogenannten Wertanalyse-Arbeitsplan genau normiert und definiert. Die aktuelle Vorgehensweise findet sich in der VDI-Richtlinie 2800. Welche Werkzeuge und Methoden in den einzelnen Schritten des Arbeitsplans genutzt werden, ist hingegen nicht geregelt. Entsprechend kommen im Rahmen der Wertanalyse zahlreiche Methoden zur Anwendung, die auch in anderen technischen oder betriebswirtschaftlichen Aufgabenstellungen eingesetzt werden. Unter anderem handelt es sich um Ansätze aus den Bereichen Zielplanung und Strategie, Konstruktion und Produktentwicklung, Kostenmanagement, Projektmanagement, Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und Controlling sowie um Kreativitätstechniken.

Wann welche Methoden sinnvoll sind, hängt stark von der Projektphase (siehe auch Kapitel „Wertanalyse-Arbeitsplan“) ab. Oftmals ist auch ein Mix sinnvoll. Sehen wir uns die wichtigsten Herangehensweisen im Folgenden etwas näher an.

Zielplanung und Strategie

Zielplanung Strategie

Im ersten Schritt muss klar werden, inwiefern überhaupt Bedarf an einer Wertanalyse vorhanden ist. Dieser Bedarf kann anhand mehrerer Indikatoren sichtbar werden. Oftmals liefern beispielsweise Marktanalysen, Benchmarks mit Wettbewerbern, Hinweise aus dem Vertrieb oder Kundenanalysen entscheidende Hinweise. Zudem kann das Unternehmen proaktiv strategische Projekte aufsetzen, um den Wert seiner Leistungen und Produkte zu verbessern. Dies kann etwa durch technologische Innovationen, erweiterte Services oder neue Geschäftsmodelle erfolgen. Um Produkte, Leistungen und Prozesse hierauf auszurichten, kann die Wertanalyse unterstützend eingesetzt werden.

Konstruktion und Produktentwicklung

Die Wertanalyse betrachtet auch die technischen Merkmale von Produkten. Abhängig vom Objekt können hierbei Disziplinen wie Elektronik, Mechanik, Software, Werkstofftechnik oder Verfahrenstechnik eine Rolle spielen. Jeder dieser Fachbereiche besitzt eigene Methoden, die bei der Wertanalyse relevant sein können. Entsprechend gilt es, Experten dieser Bereiche in Wertanalyse-Teams einzubeziehen.

Kostenmanagement

Das „Denken in Werten“ ist das zentrale Element der Wertanalyse. Der Wert wiederum ergibt sich aus zwei Komponenten:

  • Nutzen und Funktion für den Kunden

  • Kosten und Preis

Der Wert drückt sich also auch im Preis-Leistungs-Verhältnis aus.

Zunächst werden die Kosten eines Objekts bzw. dessen Funktionskosten im Detail analysiert. Im zweiten Schritt werden dann Kostenziele definiert, die es im Rahmen der Lösungsfindung zu erreichen gilt. Nennenswerte Methoden sind hier Design-to-Cost, Target Costing und die Prozesskostenrechnung.

Projektmanagement

Die Wertanalyse folgt den gängigen Regeln des Projektmanagements. So existieren ein Projektleiter, ein Projektteam, ein Strukturplan, Arbeitspakete, Aufgaben, Verantwortlichkeiten und ein Zeitplan. Abhängig vom Wertanalyse-Objekt können möglicherweise auch agile Methoden wie Scrum zur Anwendung kommen.

Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und Controlling

Lösungen aus Wertanalyse-Projekten müssen anhand betriebswirtschaftlicher Methoden bewertet werden. Unter anderem wird hierdurch die Frage beantwortet, wie wirtschaftlich Lösungen sind und welche Zielbeiträge sie leisten.

Kreativitätstechniken

Kreativer Freiraum spielt bei der Wertanalyse eine wichtige Rolle. Entsprechend kommen hier Kreativitätstechniken zur Anwendung, bei denen Grenzen oftmals bewusst überschritten werden. Ziel ist es, möglichst viele neue Lösungsideen zu generieren, ohne hierbei von wirtschaftlichen oder technischen Belangen eingeschränkt zu sein.

Wie werden die Funktionen in der Wertanalyse bestimmt?

Der Grundschritt jeder Wertanalyse ist die Betrachtung der Funktionen und die Bestimmung ihres Werts. Die Funktionen eines Objekts lassen sich hierbei in mehrere Klassen einteilen:

  • Grundfunktionen: dienen der unmittelbaren Zweckerfüllung

  • Hauptfunktionen: diejenige Funktion des Objekts, die sich im Sinne der Nutzung besonders stark auswirkt

  • Nebenfunktionen: im Sinne der Nutzung deutlich geringer gewichtet als die Hauptfunktionen

  • Unnötige Funktionen: dient nicht oder nur ungenügend dem Zweck des Objekts

Die Funktionsbestimmung erfolgt in der Regel mit zwei Worten: einem Substantiv und einem Verb. Dieses Vorgehen zwingt Wertanalytiker dazu, die Funktion eines Objekts so exakt wie möglich zu ermitteln.

Sehen wir uns ein Beispiel an, um die Vorgehensweise zu verdeutlichen: Das Wertanalyse-Objekt ist „Waschmittel“. Die Bestimmung der Funktionen könnte wie folgt aussehen:

  • Hauptfunktion = Wäsche reinigen (Wäsche = Substantiv, reinigen = Verb)

  • Nebenfunktion = Geruch verbessern (Geruch = Substantiv, verbessern = Verb)

Das Produkt wird zudem in seine Einzelteile zerlegt, sodass selbst die Rohstoffe nach diesem Schema bewertet werden können. Um sicherzugehen, dass der Projektrahmen korrekt gewählt wird, bietet es sich an, ein FAST-Diagramm (Funktional Analysis System Technique) anzuwenden.

Welche Arbeitstechniken nutzt die Wertanalyse?

Bei der Wertanalyse handelt es sich um eine komplexe Problemlösungsmethode, in deren Rahmen zahlreiche Arbeitstechniken eingesetzt werden. Einige von ihnen sind stets obligatorisch, andere werden wiederum sporadisch und situationsorientiert angewandt. Auch hängt die Auswahl der Arbeitstechnik von der aktuellen Stufe des Arbeitsplans ab. Beispiele für gängige Ansätze finden Sie in den Unterpunkten des Kapitels „Welche Wertanalyse-Methoden werden wann und wo eingesetzt?“

Zudem hat Miles in seinem Buch „Value Analysis“ Prinzipien der Wertanalyse formuliert, die auch heute noch anerkannt sind und aus denen sich geeignete Verfahrensweisen ableiten lassen:

  • Keine Verallgemeinerungen

  • Alle Kosten identifizieren und überprüfen

  • Nur Informationen aus hochwertigen Quellen nutzen

  • Objekt zerlegen, verfeinern oder Neues dazu erfinden

  • Kreativ sein

  • Hürden sichtbar machen und überwinden

  • Experten oder Berater hinzuziehen

  • Kosten für Herstellungstoleranzen exakt ermitteln

  • Verwandte Produkte von Zulieferern einbeziehen

  • Erfahrung der Lieferanten nutzen

  • Spezielle Produktionsverfahren in Überlegungen einbeziehen

  • Normen anwenden

  • Frage stellen: Würde ich mein eigenes Geld auf diese Weise ausgeben?

Wie ist ein Wertanalyse-Arbeitsplan aufgebaut?

Die Schritte der Wertanalyse und deren Reihenfolge sind dank des Wertanalyse-Arbeitsplans genau vorgegeben. Die Grundregel lautet, dass kein Schritt ausgelassen werden darf, da sonst die Zielerreichung in Gefahr gerät. Die aktuellen Normen (DIN EN 12973:2002-02 und VDI 2800 Blatt 1:2010-08 und Blatt 2) nennen folgende Vorgehensweise:

  • Schritt 0: Vorbereitung des Projekts

  • Schritt 1: Projektdefinition

  • Schritt 2: Planung

  • Schritt 3: Umfassende Daten sammeln

  • Schritt 4: Funktionen- und Kostenanalyse, Detailziele

  • Schritt 5: Sammeln und Finden von Lösungsideen

  • Schritt 6: Bewertung der Lösungsideen

  • Schritt 7: Entwicklung ganzheitlicher Vorschläge

  • Schritt 8: Präsentation der Vorschläge

  • Schritt 9: Realisierung

In den Schritten 0 und 1 sind insbesondere das Management und der Initiator gefragt. Diese müssen das Projekt anstoßen und das Projektteam aufstellen. Das Team führt dann die Schritte 2 bis 8 durch, um die Ergebnisse abschließend dem Management zu präsentieren. Danach können die Ergebnisse an die zuständigen Fachbereiche weitergegeben werden. Hier wiederum kümmern sich Realisierungsteams um die Umsetzung.

Was ist der Unterschied zwischen der altbewährten Wertanalyse-Methode und Scrum?

Nicht nur in der klassischen Wertanalyse, sondern auch in Scrum, spielt der Wert von Funktionen (hier: Geschäftswert bzw. Business Value) eine zentrale Rolle. Obwohl mit Scrum die Features (User Stories) mit dem höchsten Geschäftswert für den Kunden zuerst umgesetzt werden sollen, existieren hier jedoch keine definierten Regeln zur Wertermittlung. Aus diesem Grund kommt es vor, dass die Stakeholder aus dem Bauch heraus entscheiden, welche Funktion „wertvoller“ ist und somit als nächstes umgesetzt werden soll. Der Product Owner hat dann die schwierige Aufgabe, individuelle Wünsche von „echten“ Prioritäten für das Unternehmen zu unterscheiden. Er muss hierbei der Maßgabe folgen, den größtmöglichen Mehrwert für das Unternehmen mit den zur Verfügung stehenden Mitteln in minimaler Zeit zu realisieren.

Halten wir also fest: Bei der Wertanalyse ist die Vorgehensweise zur Ermittlung des Werts von Objekten wesentlich genauer beschrieben, als in Scrum. Die beiden Ansätze besitzen jedoch eine ähnliche Grundausrichtung und können sich in der Praxis durchaus ergänzen. Abhängig vom Objekt kann es beispielsweise sinnvoll sein, ein Wertanalyseprojekt nach den Regeln von Scrum durchzuführen. Umgekehrt könnten einige Methoden und Arbeitstechniken der Wertanalyse genutzt werden, um den Business Value in Scrum-Projekten zu ermitteln.

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